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Aus dem Bereich historisch bedeutsame Dokumente der Schulpsychologie der Rubrik Aus den Ländern schreibt Jürgen Rudolph im vierten Text einen Artikel über die schulpsychologische Beratung im Bremer Schulsystem und wie Beratung in das Bremer Schulsystem fest installiert wurde. Mit freundlicher Genehmigung des Autors dürfen wir Ihnen dieses Zeitdokument zur Verfügung stellen.

In den Berichten aus Bremen sind folgende Texte enthalten:

  1. Entwicklungslinien der Schulpsychologischen Beratungsdienste in der Stadtgemeinde Bremen – Ist die Schulpsychologie in Bremen ein Opfer des Reformeifers der Bildungsbehörde geworden?" (1964 – 2010); Teil 1, Teil 2, Teil 3
  2. "Bremen weiterhin im Reformeifer : Die Einrichtung von Zentren für unterstützende Pädagogik (ZuP) und regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren (ReBUZ)" (2010 -2015); (Teil 1, Teil 2)
  3. "Schulpsychologie in Bremen – Quo vadis?" (1964 – 2015)
  4. Artikel "Der Schulpsychologische Dienst Bremen von 1964 bis 2007 - Die Einführung der psychologischen Schulberatung in Bremen" (Teil 1, Teil 2

Im Bericht wurden in Achtung der menschlichen Vielfalt die Begrifflichkeiten an die Konventionen unserer Internetpräsenz angeglichen. Somit möchten wir eine gendersensible Sprache verwenden, durch die sich alle Menschen angesprochen fühlen.

Der Schulpsychologische Dienst Bremen von 1964 bis 2007 - Die Einführung der psychologischen Schulberatung in Bremen

Der Schulpsychologische Dienst Bremen von 1968 bis 1973

Der Schulpsychologische Dienst Bremen von 1974 bis 2007

Die 3 neuen Psycholog:innenstellen im Schulpsychologischen Dienst wurden zu 1.3. bzw. 1.4.1974 besetzt, nach Vorstellungsgesprächen unter Beteiligung des Leiters des Schulpsychologischen Dienstes, der Abteilung 4 und des Personalrats.

Bekannt über die neuen Schulpsycholog:innenen war, dass Dipl.-Psych. Karsten Koll dem Dienst schon bekannt war durch ein Praktikum im Rahmen seines Psychologiestudiums, und dass Dr. Uwe Wiest Dipl.-Psych. Jürgen Rudolph schon aus dem Psychologischen Institut der der Universität Hamburg kannte durch eine Untersuchung zum Vorschullesen und als Leiter der Psychotherapeutischen Beratungsstelle, die Professor Reinhard Tausch damals noch in der Rothenbaumchaussee angeboten hatte. Auch der dritte neue Psychologe, Dipl.-Psych Norbert Boyer, brachte psychotherapeutische Fertigkeiten vor allem in der Verhaltenstherapie mit, aber jeder der "Neuen" brachte neben der Selbstverständlichkeit von ständiger Supervision und Fortbildung auch das emanzipatorische Engagement der 68er mit, das jeweils im Psychologiestudium der unterschiedlichen Herkunftsuniversitäten geprägt worden war.

Die neuen Schulpsychologen zogen zunächst in das Gebäude Am Dobben 12 zu Uwe Wiest und Wulf Gagel und deren gemeinsamer Sekretärin, Frau Lauber, ohne eigenen Arbeitsplatz ein und begleiteten alle "alten" Kollegen zur Einführung in das Arbeitsfeld. Dazu gehörte auch die Teilnahme an den Dienstbesprechungen der Abteilung 4, zusammen mit der Schulräten der Schulaufsicht.

Einer Anekdote gemäß wurde der Leiter des Schulpsychologischen Dienstes einmal darauf angesprochen, dass die Schulpsychologen ja "uniformiert" seien, worauf Uwe Wiest sich umschaute und zwar Bart tragende Schulpsychologen mit Rollkragen in Cordanzügen sah, auf der anderen Seite die genauso "uniformiert" die bartlosen Schulräte mit Schlips und Kragen in grauen Anzügen.

Von beiden Seiten blieb das Verhältnis zwischen den Schulpsycholog:innen und der Schulaufsicht, trotz auch guter Kooperation, nicht immer spannungsfrei. Denn prinzipiell lehnten vor allem die neuen Schulpsycholog:innen die Nähe zur Schulaufsicht ab, da sie sich mit der Ansicht konfrontiert sahen, der Schulpsychologische Dienst sei das "Anpassungsinstrument" der Schulbehörde für widerständige Schüler:innen und Lehrer:innen. Andererseits symbolisiert die Anekdote, dass die Schulaufsicht in diesen "Uniformierten" auch einen gewachsenen Machtfaktor sah, der ihre pädagogischen Entscheidungen in Frage stellen könnte.

Nach der Einführung der neuen Schulpsychologen wurde deren Zuständigkeit für neue Schulpsychologische Bezirke kooperativ festgelegt, wobei das Verhältnis Schüler:innenzahl pro Schulpsycholog:in zwar halbiert wurde, aber immer noch bei 22000 bis 25000 zu 1 blieb.

Im Vorgriff auf die beabsichtigte Regionalisierung übernahm Jürgen Rudolph Schulen im Westen, Norbert Boyer zunächst Schulen Osten und Karsten Koll Schulen auf der anderen Weserseite im Süden, wobei Uwe Wiest und Wulf Gagel Schulen abgaben, Peter Hegeler in Bremen Nord aber nicht entlastet werden konnte.

Richtig arbeitsfähig wurde dieser neue Schulpsychologische Dienst aber erst mit Einzug in das Gebäude Am Dobben 18, wo jedem Schulpsychogen ein Büro, ein Besprechungsraum, sowie für je zwei Psychologen ein Raum für eine Sekretärin und ein Testraum zur Verfügung gestellt werden konnte. Als Neuausstattung erhielt jeder Psychologe eine Beratungssitzgruppe mit Tisch und 4 Stuhlsesseln, sowie einen "Referentenschreibtisch" und Rollschränke.

Realisiert wurde jetzt auch die Übernahme der beiden anderen Beratungsinstitutionen in das Referat: Das inzwischen verwaiste "Drogenreferat" sollte auch in die Hand einer Psycholog:in gegeben werden und wurde kommissarisch zunächst von Karsten Koll übernommen, der es später an den Dipl.-Psych. Jörn Wulf weitergab, es blieb aber zunächst noch im Gebäude Am Dobben 14. Vor allem aber wurde die Schullaufbahnberatung mit Oberamtsrat Rudolf Reinke jetzt von der senatorischen Behörde in das Gebäude des Schulpsychologischen Dienstes verlegt.

Komplett wurde der Dienst durch die Einstellung der jetzt sogenannten "Kombikräfte" für die Zuarbeit der Berater:innen: Monika Röleke, Helga Mochel, Alexa Zehner und Gisela Langenberg. Für die Dienststelle in Bremen Nord war schon Lieselotte Beisner zuständig.

Der Zusammenhalt und die fachliche Koordination der Bremer Schulpsycholog:innen wurde durch regelmäßige Dienstbesprechungen gefördert, wobei Kooperationstreffen schon innerhalb des Landes mit den Bremerhavener Kolleg:innen nicht so gern gesehen und unterstützt wurden, wohingegen Treffen mit den Psycholog:innen von Gesamt- und Modellschulen nicht so auffielen. Solche Treffen fanden innerörtlich regelmäßig auch mit der Schulärztlichen Dienst und der Erziehungsberatungsstelle statt, zur Förderung des gegenseitigen Arbeitsverständnisses und zur Erleichterung der Kooperation bei der Betreuung gemeinsamer Fälle.

Als erste außerbremische Fortbildungsmaßnahme setzte der Schulpsychologische Dienst im September 1974 die Teilnahme fast aller Schulpsycholog:innen an der ersten Konferenz der Sektion "Schulpsychologie" im Berufsverband Deutscher Psychologen (BDP) in Würzburg durch.

Neben der normalen Arbeit bot der Schulpsychologische Dienst in seinen Räumen eine Supervision für Gesprächspsychotherapie an, an der auch privat praktizierende Kolleg:innen sowie Hochschullehrer:innen teilnahmen.

Als Arbeitsschwerpunkt in der Schule stellte sich bald die Lese-Rechtschreibschwäche heraus, für die häufig noch der klinische Begriff "Legasthenie" benutzt wurde. Dafür hatte der Bremer Lehrer Wilhelm Niemeyer bereits Test- und Therapieverfahren entwickelt, deren Anwendung mangels fachlicher Unterstützung aber manchmal ausschließlich in der Hand von engagierten Müttern lag. Hierzu führte jetzt der Schulpsychologische Dienst Gruppentests durch und schaltete sich intensiv in die Beratung von Lehrer:innen und Eltern und die Förderung von Kindern aufgrund der wissenschaftlichen Erkenntnisse, vor allem von Renate Valtin ein unter dem Begriff der "Lese-Rechtschreib-Schwäche" (LRS), ein.

Sowohl Hospitationen innerhalb der Fallberatungen, als auch von Lehrer:innen gewünschte Unterrichtsbeobachtungen zur Ermittlung von Faktoren zur Verbesserung des Unterrichts und der Klassendynamik, fanden vermehrt statt.

Fortbildungsveranstaltungen wurden ebenfalls im "wissenschaftlichen Institut für Schulpraxis", je nach Interesse des Kolleg:innen, angeboten, während auch das Angebot genutzt wurde, auf Elternabenden über psychologische Sachverhalte aufzuklären, auch wenn es nur um die Vorstellung der Schulpsychologie ging.

Der Schulpsychologische Dienst wurde neben seiner Fallarbeit aber auch einbezogen in die Prüfungskommission der sog. zweiten Lehrer:innenprüfung und bekam so auch Kontakt zur jüngeren Lehrerschaft.

Die Arbeit des Dienstes fand wesentlich im Verborgenen und damit im Interesse der Ratsuchenden statt. Der Schulpsychologische Dienst in Bremen trat öffentlich regelmäßig nur durch das Angebot eines Zeugnistelefons hervor, gelegentlich wurde er, meist in der Person seines Leiters Dr. Uwe Wiest, zum Dienst selber und auch zu Schul- und Erziehungsfragen von der Presse angesprochen

Bereits im Juni 1976 legte Uwe Wiest der Behörde einen Entwurf "Richtlinien für die Beratungsdienste in Schulen" vor, mit der die gesetzlich Grundlage für die Tätigkeit aller Berater:innen geschaffen werden sollte. Eingeschlossen waren nicht nur die Psycholog:innen, sondern auch die Schullaufbahnberater:innen und die Sozialarbeiter:innen, gemeinsame und fachbezogene Aufgaben und sogar Systemberatung, Verpflichtung zur Fortbildung und Jahresberichten, die Rechts-, Dienst und Fachaufsicht und die für die Berater:innen so wichtige Schweigepflicht.

Sicherlich ein Höhepunkt des Schulpsychologischen Diensts fand im September 1977 statt mit der Einladung der 3. Konferenz der Sektion Schulpsychologie des BDP nach Bremen. Diese Fachkonferenz fand statt in der Schule für Sozialpädagogik am Weidedamm unter Beteiligung aller Mitarbeiter:innen des Dienstes und mit der Teilname vieler Schulpsycholog:innen aller Bundesländer und Professor:innen, u.a. auch Prof. Reinhard Tausch aus Hamburg, die auch Einblick nehmen konnten in die Bremer Schulpsychologie.

Abschließend fand ein Empfang im Rathaus statt. Die Bremer Presse begleitet diese Veranstaltung mit mehreren Artikeln über die Schulpsychologie.

In dieser Zeit wurde die auch von den Bremer Schulpsycholog:innen noch erwartete "Feuerwehrfunktion" inzwischen auch bundesweit kritisiert, da sie meist unkritisch Symptome beseitige, wohingegen die Schulpsycholog:innen dazu beitragen sollten, bessere Lernbedingungen zu schaffen.

In der Bremer Schulpsychologie wurden auch die Ergebnisse der Mailänder Schule in dem Buch von Maria Selvini-Palazzoli "Der entzauberte Magier" mit intensivem Interesse aufgenommen, da es auf die paradoxe Situation der Schulpsycholog:innen im schulischen Beziehungsgefüge hinwies und als Lösung systemische Interventionen anbot.

Am 24.Juli 1978 wurde dann das neue Bremer Schulverwaltungsgesetz veröffentlicht, in dem jetzt erstmalig Aufgabe, Organisation und besondere Rechte und Pflichten der Berater:innen ausgewiesen werden.

Diese Vorgaben galten jetzt auch für die Drogenberatung. Nicht aufgenommen wurde die Fortbildungsverpflichtung für Berater:innen, die sich vor allem Schulpsycholog:innen gewünscht hatten, da sie um die Teilnahme an Fortbildung häufig kämpfen mußten.

Wie in den Vorjahren war der Schulpsychologische Dienst auch aufgrund der jetzt größeren Nähe zu ihrem Klientel und dem Bestreben, den Kontakt mit dem Schulpsycholog:innen als "normales" Ereignis im Schulalltag erscheinen zu lassen, bald wieder an der Belastungsgrenze.

Zur Hilfe kam dem Schulpsychologischen Dienst jetzt das ABM-Programm, das arbeitssuchenden Diplompsycholog:innen die Möglichkeit einer geförderten begrenzten Einstellung mit späterer Möglichkeit der Festeinstellung bot, womit die in Bremen steigende Arbeitslosigkeit vermindert werden sollte.

Aus dem Bewerberkreis für die soziale Beratung des Schulzentrums Huchting gelang es Uwe Wiest, die Diplompsychologin Hilde Husenbeth später Thimme als erste Frau für eine Anstellung im Schulpsychologischen Dienst zu gewinnen. Ab November 1978 begannen die nächsten beiden Diplompsychologinnen als ABM ihre Tätigkeit im Schulpsychologischen Dienst mit zur Kooperation bereiten Kolleg:innen in den Bezirken. Sie wurden ein Jahr später fest angestellt: Dipl.-Psych. Cornelia Markner und Dipl-Psych. Brigitte Lück.

1979 wurde vom Referat 42 noch einmal die Beratung für die Schule in Bremen im Interesse deren immer noch beabsichtigten Ausbaus komplett dargestellt.

Den Schulpsychologischen Dienst Bremen charakterisierte Dr. Uwe Wiest als Typus B mit der Zuständigkeit der Schulpsycholog:innen für einen Schulbereich (gegenüber dem Typus A mit der Zuständigkeit für z.B. eine Schulstufe bzw. -Form), für den sich die Bildung weiter Außenstellen anböte, die z.B. immer mit 2 Psycholog:innen ausgestattet werden sollte. Als Aufgaben wurde "schüler:innenzentrierte" und "schulzentrierte" beschrieben und die dafür gegebene Anlässe aufgeführt. Der Aufwand für eine Schüler:innenberatung wurde mit 12 Stunden taxiert und das Verfahren detailliert beschrieben. Hingewiesen wurde auch auf die Aufgaben und die Kooperation mit den inzwischen vorhandenen Psycholog:innen der Modellschulen GSW, SVL, SZ Huchting und Sonderschule für entwicklungsgestörte [Menschen] (Anm. d. Red.).

Die in das Referat integrierte Schullaufbahnberatung und die Drogenberatung wurden dabei von deren Vertretern in dem Papier entsprechend dargestellt. Rudolf Reinke z. B. wies darauf hin, dass in Bremen - im Gegensatz zur Auffassung der Kultusministerkonferenz - für die Schullaufbahnberatung eingesetzten Lehrer:innen sich auf diese Aufgabe beschränken, für andere Probleme aber mit den Schulpsycholog:innen kooperieren sollten. Aufgabe der zentralen Schullaufbahnberatung sei die Aus- und Fortbildung von Schullaufbahnberater:innen sowie Unterstützung der Öffentlichkeitsarbeit. Die Schullaufbahnberater:innen sollten mit einer Unterrichtsstundenentlastung von bis zu einem Viertel vor allem am Ende der Bildungsgänge eingesetzt werden. Ein Ausbau sei zur Wahrung des Bildungsanspruchs vor allem in Hauptschulen, Sonderschulen, für Kinder ausländischer Arbeitnehmer:innen und in den Beruflichen Schulen für Jugendliche ohne Ausbildungsvertrag erforderlich.

Den inzwischen "Referat für Angelegenheiten des Drogenmissbrauchs" genannten Bereich charakterisierte Rolf Günther mit den wahrgenommenen Aufgaben Aufklärung von Schüler:innen, Lehrer:innen, Eltern und anderen Multiplikator:innen, Koordination mit anderen Stellen und Einleitung struktureller Maßnahmen, Beratung bei Drogenproblemen und Herstellung wissenschaftlicher Untersuchungen. Durch mehr Fachkräfte könne die Präventionsforschung erhöht werden, wobei die Lehrer:innen durch schulfremde Fachleute bei ihrer gesundheitserzieherischen Aufgabe unterstützt werden könnten.

Diese beiden Referate entwickelten fortan eine eigene und umfangreiche Dynamik und sollen deshalb in diesem Bericht über den Schulpsychologischen Dienst nicht weiter beschrieben werden.

Nach der öffentlichen Vereidigung von Bundeswehrsoldaten im Weserstadion am 6. Mai 1980 , die unter heftigen und auch gewalttätigen Protesten stattfand, kam ein unerwartetes Signal aus der Abteilung 4 hinsichtlich der Bedeutung des Schulpsychologischen Dienstes: Der Antrag einer Schulpsycholog:in, die noch unter der Wehrüberwachung stand, auf "Unabkömmlichkeitsstellung" wurde erstmalig vom Leiter der Abteilung nicht mehr unterstützt.

Am 26. September 1980 konnte die Bildungsbehörde dagegen verkünden, dass der Schulpsychologische Dienst vom Dobben 18 in die Straßburger Straße 12 umgezogen sei.

Die Bildungsbehörde konnte damit das angemietete Gebäude am Dobben aufgegeben und stellte dem Schulpsychologischen Dienst als Hauptsitz das ehemaligen Abendgymnasiums zur Verfügung, eine alte Schwachhauser Villa mit einem mit Delfter(?) Kacheln verzierten, stillgelegten Kamin im dunkel getäfelten Sitzungsraum.

Anerkennung erhielt der Dienst auch durch eine Ausstattung mit den etwas solideren Beratungsmöbeln der Firma Flötotto. Verbunden war der Umzug aber auch mit der Realisation einer weiteren Ausbaustufe des Dienstes, die auch mit der Einstellung der ABM-Kolleg:*nnen und der Neueinstellungen oder Stellenübernahmen von Kombikräften möglich wurde:

  • In der ehemaligen Schule an der Langemarckstraße wurde die Aussenstelle Süd mit 2 Psycholog:innen und einer Kombikraft eröffnet. (Norbert Boyer, Hilde Husenbeth, Sekretariat Cornelia Wessels)
  • Auch in der Außenstelle Nord konnte mit der 2. Psycholog:innenstelle besetzt werden. (Peter Hegeler, Cornelia Markner, Sekretariat Liselotte Beisner und Frau Schmidt)
  • Außerdem konnte jetzt auch das sog. Drogenreferat in die neue Zentrale des Schulpsychologischen Dienstes aufgenommen werden, bis das erweiterte Referat auch in die Langemarckstraße einziehen konnte. (Rolf Günther, Sekretariat Gerlinde Plöger)
  • Der Berufsbildungsbereich wurde weitgehend aus der regionalen Zuständigkeit gelöst und in die Hände einer Schulpsychologin gegeben, in die Verantwortung von Brigitte Lück .
  • Die Bezirke West und Mitte-Ost bekamen eine weitere halbe Kombikraft. (Claudia Drube)
  • Über das ABM-Programm und Stellenaustausch kamen weitere Diplompsycholog:innen in den Schulpsychologischen Dienst. (Dipl.Psych.Walter Rokita, Dipl.-Psych. Hildburg de Boer, Dipl.-Psych. Gudrun Steenken, Dipl.-Psych. Ingrid Hildebrandt, Dipl.-Psych.Dr. Irene Hasenberg)

Andererseits auch Verdruss bedeutete dieser Umzug nach Schwachhausen für den für den Westen zuständigen Schulpsychologen, der jetzt eine Außenstelle im Westen als noch dringlicher ansah, da sein Beratungsraum jetzt noch weiter von dem Klientel entfernt lag. Zusätzlich wurde die ABM-Kooperationspartnerin für den Westen, Brigitte Lück, mit der Zuständigkeit für den berufsbildenden Bereich fest angestellt und stand nicht mehr zur Verfügung.

In dieser Zeit mußte die Referatsleitung die wichtige und verantwortungsvolle Tätigkeit der sog. Kombikräfte für die notwendig gewordenen Neueinstellungen beschreiben. Es war schon anerkannt worden, dass die Zuarbeit für die Schulpsycholog:innen sich inzwischen von Schreibtätigkeit hin zu einer psychologisch-technischen Assistenz entwickelt hatte.

Die Kombikräfte garantierten die Erreichbarkeit des Dienstes, sie übernahmen den Anmeldeprozess mit der Aufklärung über den Dienst, Festhalten der geschilderten Probleme, der Schullaufbahn und weiterer Daten, ggf. Verweisung an andere Stellen, Informationen über Verordnungen, Schulformen, etc..

In ihren Händen lag weiterhin die Terminorganisation, das Herstellen des Kontaktes zu Schulen, laufende Kontakte mit Ratsuchenden, Aktenführung, Wiedervorlagen und Erfolgsüberprüfung. Dann kam hinzu die Organisation der Schreib-Leseuntersuchungen am Ende der 2. Klasse mit Anschreiben an die Schule, Versandt der Testunterlagen, Testauswertung und Terminvereinbarung für die Lehrer:innenberatung etc..

Dass jede Schulpsycholog:in mit mindestens 10 Stunden Zuarbeit durch eine sog. Kombikraft unterstützt werden sollte, wurde auf die Drogenberater:innen und Schullaufbahnberater:innen erweitert und anerkannt.

1981 verfaßte Dr. Uwe Wiest den Bericht über die Tätigkeit der Beratungsdienste im Schulwesen, der im Mai in der Deputation für Bildung diskutiert und mit der Vorlage 566 der Bürgerschaft vorgelegt wurde, wo er am 11.11.1981 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Ziel dieser Maßnahme war nicht nur die allgemeine Information, sondern auch, die Ausbauwünsche der Schulberatung nachvollziehbar zu machen.

Vom Senat wurde in einem zusammenfassenden Vorwort für den Tätigkeitsbericht auf die Neuordnung der sozialen Dienste hingewiesen, die es notwendig mache, die dargestellten ressortübergreifenden Verbindungen der Schulpsycholog:innen zu anderen "sozial-medizinischen, sozial-pädagogischen und sozial-therapeutischen Diensten" zu intensivieren und effektiver zu gestalten.

Die Tätigkeit des Schulpsychologischen Dienstes Bremen mit 14 Schulpsycholog:innen (weitere 7 an Schulen) wurde mit der Einzelfallarbeit für 1674 Fälle mit 8289 Maßnahmen in den Schuljahren 1978/1979 und 1979/1980 statistisch dargestellt und detailliert beschrieben, neben der "schülerzentrierten" auch die "schulzentrierten" Maßnahmen. Obwohl die Einzelfallhilfe noch dominierte, wurden auch die Lehrer:innen- und Schulleiter:innenfortbildung, Arbeit mit Eltern, Teilnahme an Konferenzen, Testentwicklungen und vor allem die Zusammenarbeit mit anderen Referaten des Senators für Bildung, wie zum Beispiel die Durchführung von Tests am Ende des 2. Schuljahres zur Beurteilung des Schreib-Lesestandes, dargestellt.

In der Bürgerschaftssitzung wurde von der SPD gewürdigt, wie sich der Schulpsychologische Dienst entwickelt habe und seine Notwendigkeit und auch dessen ausschließlicher Angebotscharakter begründet.

Die CDU deutete dagegen den Schulpsychologischen Dienst als notwendig zur Kompensation einer verfehlten Schulpolitik, wobei sie vor allem die hohen Anmeldezahlen in der Orientierungsstufe als Zeichen dafür angeführt wurden.

Solches Denken führte auch die FDP an, stellte sich aber voll hinter die Fallarbeit des Schulpsychologischen Dienstes gegenüber den Schulpsycholog:innen an einzelnen Schulen mit weniger Einzelfallbezogenheit.

Obwohl der Schulsenator noch keine feste Zusage für die Schaffung von 2 neuen Schulpsycholog:innen-Stellen für 1982 geben konnte, schloß er seine Ausführungen damit, "denjenigen, die in diesem immer wichtiger werdenden Arbeitsfeld täglich arbeiten, Dr. Wiest und seinen Leuten, auch einmal ganz herzlich für diese mühevolle Arbeit zu danken".

In der Kommunikation mit der Behörde über einen sehr ausführlichen Tätigkeitsbericht von Brigitte Lück für den Berufsbildungsbereich gab die Behördenleitung 1983 mehrere Empfehlungen: die Aktivierung der Kooperation mit dem Schulermittlungsdienst, einen größeren Umfang von System- und Gruppenberatungen, Zurückhaltung der Schulpsycholog:innen gegenüber Ausbilder:innen, Intensivierung der Lehrer:innenfortbildung, Verbesserung der Erreichbarkeit und die Herausgabe eines Faltblattes über den Dienst.

Ende 1983 stellte die Behördenleitung noch einmal fest, dass der ursprünglich geplante Ausbau des Dienstes nicht abgeschlossen werden konnte, da lediglich eine Relation 8463: 1 (Schüler:in je Schulpsycholog:in) erreicht wurde. Die Relation im berufsbildenden Bereich betrage sogar 26900: 1. Da sich in der Außenstelle Süd gezeigt habe, dass höhere Präsenz der Schulpsycholog:innen zu mehr Anmeldungen geführt hätten, würden zur Linderung der Not mehr Schulpsycholog:innen gebraucht. Deshalb sei auch auf den Einbezug des Schulpsychologischen Dienstes in die bestehende Einsparquote verzichtet worden, wobei es um die Verwaltungsstelle von Claudia Drube gegangen sei.

Für die Beratung ausländischer (türkischer) Schüler:innen und deren Eltern war von der Behörde die Einstellung eines türkisch sprechenden Psycholog:in vorgesehen worden, was in der Dienstgemeinschaft wegen des damit eingeführten Sonderstatus nicht unterstützt wurde, Darauf wurde aber verzichtet, unter anderem, da Gudrun Steenken und Hildburg de Boer sich zu Fortbildungen in türkischer Sprache und Kultur bereiterklärt hatten. Allerdings wurde endlich für den gesamten Schulpsychologischen Dienst eine entsprechende Fortbildung für 1984 projektiert und sogar in einer Klausur im Nils-Stensen-Haus in Worphausen durchgeführt. Für die Unterstützung der Schulpsycholog:innen bei der Beratung von Schüler:innen und Eltern mit türkischem Migrationshintergrund wurde später Nevin Lutz durch ihr ehrenamtliches Engagement wichtig. Als türkische Muttersprachlerin und Lehrerin für Sonderpädagogik und Deutsch für Ausländer engagierte sie sich Nevin Lutz in der Förderung von Ausländer:innen und entwickelte mit Dr. Uwe Wiest u.a. mehrere Sprachstand-Testverfahren für Kinder mit türkischer Muttersprache, z.B. "Normierte Erfassung des Wortschatz-Inventars" und später das erste bremische Verfahren zur "Sprachstandsüberprüfung und Förderdiagnostik für Ausländer- und Aussiedlerkinder für Schulanfänger und Seiteneinsteiger in der Primarstufe".

Hingewiesen soll hier noch einmal, ohne näher darauf eingehen zu können, auf die anderen Beratungsdienste im Referat 42, die sich neben dem Schulpsychologischen Dienst zur Unterstützung der Schule entwickelten:

Nach der Pensionierung von Rudolf Reinke übernahmen die Pädagoginnen Ellen Kuppe und Frauke Schüdde-Schröter die Schullaufbahnberatung und entwickelten sie zu einem eigenständigen Projekt für ganz Bremen weiter. Entsprechend entwickelte sich auch die Drogenberatung schon 1981 um Rolf Günther mit dem Diplompsychologen Gregor Bitter, der Diplompädagogin Brunhilde Christoph und dem Lehrer Wolfgang Perplies. Diese Beratungsdienste legten ihren Schwerpunkt auf Informations- und Fortbildungsveranstaltungen und die Ausbildung und Betreuung von Kontaktlehrer:innen, die direkt in Schulen tätig wurden.

Diese beiden Referate traten mit Ihren Maßnahmen weitaus mehr an die Öffentlichkeit als der Schulpsychologische Dienst, der weitgehend im Verborgenen arbeitete.

Im November 1984 konnte Dr. Uwe Wiest dem Senator mitteilen, dass das Problem der Unterversorgung des Berufsbildungsbereichs gelöst worden war durch die einvernehmliche Zuordnung einiger Berufsschulen zurück zu den regionalen Schulbezirken.

Auch die aus seiner Sicht dringend erforderliche Einrichtung einer Außenstelle West sei nahezu kostenneutral möglich.

Die für den Westen zuständigen Schulpsycholog:innen Dr. Jürgen Rudolph und jetzt Gudrun Steenken hatten die Einrichtung der Außenstelle in Schulen, im Ortsamt, auf Elternabenden und auch innerhalb des Dienstes penetrant gefordert, um dem Westklientel eine vergleichsweise gerechte Anlaufstelle zu schaffen. Von einzelnen Schulen wurden ihnen inzwischen zwar Räume zur Verfügung gestellt, in denen sie Ratsuchende treffen konnten ( Ärzt:innenraum, Kartenraum, ausgedienter Klassenraum), deren Benutzung u.a. aber durch die eigenen Anfahrten sehr zeitaufwendig war.

Die Forderung wurde auch von der Behörde zwar anerkannt, mündete auch immer wieder in Vorschläge, die aber nicht realisiert wurden. Innerdienstlich kam es dadurch zu Belastungen, und angesichts der Einsparquote kamen auch Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bemühungen auf.

Verunsicherung im Schulpsychologischen Dienst, der alle seine Aufgaben mit vollem Einsatz versuchte nachzukommen, entstand 1986 durch die Mitteilung der "Aufgabenkritischen Bilanz der Arbeitsgruppe des Präsidenten des Senats" in dem Beschluss: "Zusammenfassung Erziehungsberatung und schulpsychologischer Dienst" mit der Begründung des weitgehend gleichen Klientels und der gleichen Problemlage. Im Schulpsychologischen Dienst sah man darin mehr die Komponente Einsparung als Entlastung von Überlastung. Die Begründung aus der Senatskanzlei für die Zukunft war, dass innerhalb der Neuordnung der Sozialen Dienste (NOSD) nur nach Möglichkeiten gesucht werde,"die verfügbaren Mittel in möglichst großer Wirksamkeit einzusetzen".

Nachdem die West-Psycholog:innen der Behörde signalisiert hatten, dass sie ihre Bemühungen angesichts deren Erfolglosigkeit einstellen würden, wurde dem Schulpsychologischen Dienst West überraschend doch noch eine nicht benutzbare Hausmeisterwohnung im Schulzentrum der Sekundarstufe II in der Ritter-Raschen-Straße 43-45 - gegen den Willen der Schulleitung – als Dienstraum angeboten. Mit Optimismus und den geringsten materiellen Mitteln wurde dort schließlich die "Schulberatungsstelle West" des Schulpsychologischen Dienstes 1988 eröffnet. Damit war die letzte geplante Ausbaustufe des Schulpsychologischen Dienstes mit den Außenstellen Nord, Süd und jetzt auch West "gegen den Trend" erreicht. Für das Personal wurde eine Kombikraft mit Ilse Kuls aus dem Stellenpool der Stadt gewonnen und schließlich auch neben Dr. Rudolph mit Dipl-Psych. Barbara Sanders aus der Gesamtschule West besetzt, weil für die dafür vorgesehene Gudrun Steenken leider doch keine neue Stelle für den Schulpsychologischen Dienst geschaffen wurde.

Um den Schulpsychologischen Dienst sowie der "Schullaufbahnberatung" und "Suchtberatung und Vorbeugung" herum hatten sich inzwischen neben den Gesamtschulen weitere Modellschulen sog. "Soziale Beratungen" geschaffen, in denen neben Schullaufbahnberater:innen, Sozialpädagog:innen/Sozialarbeiter:innen, Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut:innen auch Psycholog:innen tätig waren. Sie verwirklichten damit punktuell die Zielvorstellung vieler Schulpsycholog:innen, viel näher an Schulen in einem Berater:innenteam tätig sein zu können. In der "Schule für Entwicklungsgestörte" wurden zudem eigenstätige Beratungsstellen aufgebaut für spezielle Lernprobleme: Die "LRS-Beratungsstelle" und die "Beratungsstelle Mathematik/ Dyskalkulie" mit den Pädagogen Markus Matheja und Michael Strosetzki, die in dem selben Feld wie die Schulpsycholog:innen Angebote machten.

Und der "Schulermittlungsdienst" der Schulbehörde, der inzwischen als "Beratungsdienst gegen Schulvermeidung" auftrat, ergänzte das Beratungsangebot im Bremer Schulwesen, das zunehmend unübersichtlich und unkoordiniert erschien und auch war.

Der Schulpsychologische Dienst selbst bestand nun aus einer Zentrale in der Straßburger Straße mit dem Dienstleiter als Schulpsychologe für Mitte, den Kollegen für Mitte-Ost und Ost und der Schullaufbahnberatung. Dr. Uwe Wiest vertrat den Dienst hauptsächlich allein in der Abteilung, nicht immer mit der Zustimmung aller Kolleg:innen. Denn die Schulpsycholog:innen organisierten jeweils ihre Beziehungen in ihrem Bezirk zu den regional tätigen Mitarbeiter:innen der Behörde und den Kooperationspartner:innen im Stadtteil individuell eigenverantwortlich. Während deren Augenmerk auf den Erhalt einer verantwortlichen schulpsychologischen Arbeit vor Ort gerichtet war, hatte sich die Leitung mit den Bestrebungen auseinanderzusetzen, die Schulberatung kostengünstiger zu gestalten.

Während sich innerhalb der Psychologie bereits ein Paradigmenwechsel zu systemischem Denken vollzogen hatte, die schulpsychologische Arbeit aber noch von Psycholog:innen weitgehend nach fachlichen Notwendigkeiten entwickelt werden konnte, begann jetzt - aufgrund der schwindenden Ressourcen – der Versuch der Einflussnahme von außen mit Kriterien der wirtschaftlichen Effizienz.

Auch gegen die Einführung der elektronischen Datenverarbeitung in die Schulbehörde ab 1987 hatten viele Schulpsycholog:innen Vorbehalte, des Schutzes der Klientendaten wegen. Diese wurden aber durch das "Datenschutzgesetz für das Bremer Schulwesen" vermindert, in dem auch der besondere Vertrauensschutz für die Schulpsycholog:innen ausgewiesen wurde.

Nach Erreichen der letzten geplanten Ausbaustufe des Schulpsychologischen Dienstes Bremen mit der "Schulberatungsstelle West" wurden keine Tätigkeitsberichte mehr für den Gesamtdienst veröffentlicht. Für die Arbeit der regionalen Dienststellen soll die der Außenstelle West als Beispiel berichtet werden:

  • Barbara Sanders und Dr. Jürgen Rudolph zusammen betreuten mit 1,5 Stellen und der Kombikraft Ilse Kuls (mit 20 Wochenstunden) pro Schuljahr durchschnittlich 124 Anmeldungen aller Arten, die zu ca. 30% von Lehrer:innen, ca. 55% von Eltern, ca. 10% von Schüler:innen selber kamen.
  • Regelmäßige kollegiale Supervisionsgespräche zur Kontrolle der Psychologischen Arbeit mit Schulpsycholog:innen auch aus anderen Dienststellen.
  • Beteiligung an der Standardisierung und Normierung von Schreib-Lesetests sowie Sprachstands-Tests für die Schule.
  • Versuch mit dem Angebot von Schulsprechstunden an mehreren Schulen
  • Schulpsychologische Beteiligung an Schulbesuchspflegekonferenzen der Schule in Kooperation mit den Berater:innen des Beratungsdienstes gegen Schulvermeidung, anderen Diensten und machmal auch Betroffenen zur Erarbeitung von Lösungen bei Schulabsentismus.
  • Schulpsychologische Unterstützung von Ordnungsmaßnahmen-Konferenzen ohne Anmeldeanlass zur Unterstützung der Beratungsstruktur solcher Konferenzen.
  • Schulpsychologische Stellungnahme zu dem entsprechenden Erlaß.
  • Kooperationsbeziehungen im Stadtteil: Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern (Erziehungsberatungsstelle West), Hans-Wendt-Stiftung im Westen, Schulärztlicher Dienst West, psychologische Beratungsstelle für Migranten West, Psychologin der Stadtteilschule, Gesundheitstreffpunkt West, Psycholog:innen der GSW, auch in stadtteilorientierten Konferenzen.
  • Teilnahme an Schulleiter:innen-Dienstbesprechungen der Schulaufsicht.
  • Angebot von Lehrer:innenfortbildungsveranstaltungen im Rahmen des wissenschaftlichen Instituts und Semesterkurse für Ausbildungsbegleitende Supervision für Referendarinnen.
  • Initiierung und Begleitung von ABM-Projekten mit Schulpsycholog:innen: Präventive Arbeit mit türkischen Familien zur Verbesserung der Schulsituation und Chancengleichheit in einem sozialen Brennpunkt. Schulnahe Begleitung und Unterstützung der Integration pädagogischer Kompetenzen aus Grund- und Sonderschule zur Förderung von Schüler:innen mit Lernschwierigkeiten.
  • Mitarbeit eines Kollegen in der bezirksübergreifenden Arbeitsgruppe "Lösungsorientiertes Team", die sich außerdienstlich mit der Ausbildung in Systemischer Familientherapie, innerdienstlich mit deren Anwendung im Arbeitsfeld befasste. Später Mitarbeit in der Beratungsstelle "Besondere Begabungen"
  • Ab 1996 schulpsychologische Beteiligung an dem Projekt "Beratungsangebot durch junge Erwachsene" mit Lehrer:innen des benachbarten Schulzentrums der Sekundarstufe II und der Universität Bremen, deren Psychologiestudent:innen innerhalb ihres Pflichtpraktikums in der Schule Gespräche anboten.
  • Information der Schulöffentlichkeit im Bremer Westen durch einen Bericht über die Maßnahmen der Dienststelle und Erläuterung des Konzepts der Schulpsychologie zusätzlich in einem Merkblatt.
  • Teilnahme an jährlichen Fortbildungsveranstaltungen der Sektion Schulpsychologie des Berufsverbandes Deutscher Psychologen (BDP) und Erkundungen der Schulfürsorge in Dänemark und Schweden.

1989 entwickelte sich ein Dissens zwischen Senator Thape und dem Schulpsychologischen Dienst in der Frage, wie der Übergang von der 4. Klasse in das neu gegründete bilinguale Gymnasium geregelt werden sollte. Der Senator hätte gern gesehen, wenn der Übergang an die Durchführung von Leistungstests durch den Schulpsychologischen Dienst geknüpft worden wäre. Vielleicht sah auch Dr. Uwe Wiest darin eine Möglichkeit, den Schulpsychologischen Dienst durch eine solche Einbindung vor Einsparungen schützen zu können.

Die Kolleg:innenschaft zeigte in dieser Frage fachliche Einigkeit und lehnte die generelle Testdurchführung für eine pädagogische Entscheidung konsequent ab. Die Schulpsycholog:innen wurden dazu schließlich nicht gezwungen, denn auch von Lehrer:innenverbänden wurde ein solches Verfahren abgelehnt.

Eine bezirksübergreifende Arbeitsgruppe im Schulpsychologischen Dienst nahm sich im Februar und März 1991 die Freiheit, auf die von Schüler:innen erfahrenen Ängste im Zusammenhang mit dem sog. 2. Golfkrieg zu reagieren. Die Maßnahmen begannen mit Veranstaltungen zur fachlichen Information des Dienstes über das Phänomen, Beteiligung an Schüler:innen-Demonstrationen und endete mit einer Fragebogenaktion in Schulen, deren Ergebnisse in einem Lehrer:innenworkshop eingebracht wurden.

Bis etwa 1997 wurde aber trotzdem noch nicht auf den Schulpsychologischen Dienst zugegriffen, obwohl z.B. im Vorgriff auf die Gründung des "Landesinstituts für Schule" geplant wurde, den Schulpsychologischen Dienst in einem leer stehenden Schulgebäude an der Weserbahn (am Berufsschulzentrum) zu zentralisieren und ihn dem neuen Institut anzugliedern.

Im Bezirk West wurden daraufhin die Schulen bezüglich dieser Planung befragt, die ja eine Aufhebung der Schulberatungsstelle West bedeutet hätte. Dieser Plan wurde auf breiter Ebene aus den Schulen abgelehnt und Dr. Wiest bestätigte später, dass sich Schulen noch nie so positiv für die Erhaltung eines nahen Schulpsychologischen Dienstes eingesetzt hätten, obwohl er für eine Zentralisierung gewesen sei.

1998 wurde das Landesinstitut für Schule tatsächlich gegründet und darin das Referat 42 mit dem Schulpsychologischen Dienst, der Schullaufbahnberatung und der Drogenberatung als Abteilung 4 aufgenommen, mit dem Ziel, Synergieeffekte entstehen zu lassen. Sichtbar wurde diese Veränderung bald durch eine neue Beschilderung in den blaugelben Farben des neuen Instituts. Einerseits wurde das Wegrücken des Schulpsychologischen Dienstes von der Schulaufsicht, und, dass der Referatsleiter zum Abteilungsleiter wurde, begrüßt, andererseits bedeutete die Entfernung von der senatorischen Behörde für den Schulpsychologischen Dienst auch eine weitere Entfernung von den Entscheidungsgremien.

Etwas später fühlten sich die Schulpsycholog:innen des Dienstes durch das Inkrafttreten des Psychotherapeutengesetzes mit Beginn 1999 in der Ausübung ihrer Tätigkeit gefährdet, die ja als nichtärztliche Psychotherapie gesehen werden konnte. Deshalb suchten viele Schulpsycholog:innen mit den Behandlungsunterlagen der vergangenen Jahre eine "Erlaubnis zur berufsmäßigen Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung für den Bereich Psychotherapie" zu erlangen. Mit der Bescheinigung arbeiteten sie dann weiter als approbierte Psychotherapeut:innen oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen.

Die eigentliche Arbeit des schulpsychologischen Dienstes veränderte sich im LIS zunächst nicht wesentlich. Es wurde aber offensichtlich schwieriger, im Landesinstitut jetzt in Konkurrenz mit dem Auftrag dessen übriger Abteilungen, psychologische Fortbildungen zu platzieren oder eigene Fortbildung genehmigt zu bekommen. Dagegen waren in den Geschäftsverteilungsplan des Instituts alle Aufgaben, denen sich der Schulpsychologische Dienst stellen wollte, nahezu vollständig aufgenommen worden:

  • Unterstützung der Entwicklung von Schüler:innen
  • Unterstützung der Entwicklung von Schulen
  • Wissenschaftlich Analyse von Störungen und Entwicklungsmöglichkeiten auf Gebieten des Lernens, des Erlebens, Verhaltens und der sozialen Beziehungen
  • Schulpsychologische Beratung von Schüler:innen, Erziehungsberechtigten, Lehrer:innen auf der Grundlage lerntheoretischer, kommunikationspsychologischer und psychotherapeutischer Konzepte und Techniken Psychologische Interventionen bei Fragen des emotionalen, sozialen und kognitiven Lernens
  • Mitwirkung bei der Fortbildung
  • Mitwirkung bei der Ausbildung
  • Mitwirkung bei der Supervision
  • stadtteilorientierte Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen

Inzwischen regierte in Bremen die "Große Koalition" in ihrer 2 Periode mit dem ehemaligen Bildungssenator Henning Scherf an der Spitze und dem neuen Senator für Bildung und Wissenschaft, Willy Lemke, der sich aufgrund früherer Beziehungen an der Hansestadt Hamburg und dortigen Schulentwicklungspolitik orientierte.

Ab 1999 wurde bundesweit über die Schulpsychologie im Zusammenhang mit Amokläufen in deutschen Schulen berichtet. Schulpsycholog:innen leisteten dabei wesentliche Arbeit in der psychologischen Nachsorge für Betroffene. Ein weiterer Ausbau der Schulpsychologischen Dienste wurde vor allem aber auch für die Prävention für erforderlich gehalten.

In Bremen war mit dem Ziel eines "schlanken Managements" schon der Schulpsychologische Dienst aus der Behörde entfernt worden, ohne aber in seine innere Organisation einzugreifen. Der Rechnungshof Bremen wurde mit der kritischen Analyse "Ambulante psychologische Dienste für junge Menschen" beauftragt. Aufgrund der Ergebnisse erteilte im August 2002 eine Staatsrätelenkungsgruppe der Ressorts "Bildung" und "Soziales" den Auftrag, eine Fusion des Schulpsychologischen Dienstes und der Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern, der sog. Erziehungsberatungsstelle, bis zum 1.3.2003 durchzuführen.

Die Haltung des des Schulpsychologischen Dienstes diesem Plan brachten zumindest die Außenstellen Nord und West in einer Stellungnahme 2002 zum Ausdruck. Diese wandte sich zuerst gegen die mögliche Entfernung des Schulpsychologischen Dienstes aus dem Schulsystem in Analogie zu einer Beseitigung eins internen Immunsystems aus dem Körper, und dies gerade angesichts der PISA-Ergebnisse und der Amokläufe, aber auch der Entwicklung zur Ganztagsschule. Schulpsychologie sei ein integrierter Bestandteil der Schule mit besonderer Kompetenz und nehme dort gesetzlich vorgeschriebene Aufgaben wahr. Ihre unabhängige Stellung und die psychologische Fachkompetenz sei manchmal auch unbequem, sichere aber eine ganzheitliche Beratung und trage zur Entwicklung der Schule bei. Selbstverständlich kooperiere der Schulpsychologische Dienst mit allen Institutionen der Sozialfürsorge und auch mit der Erziehungsberatungsstelle.

Es wurden auch diverse Punkte des eigenen Entwicklungsbedarfs angeführt und der Erhalt der Eigenständigkeit und der Ganzheitlichkeit des schulpsychologischen Aufgabenangebots und Personalbestands gefordert.

Vielleicht hatte die Approbation vieler Schulpsycholog:innen als Psychotherapeut:innen den Rechnungshof auf den Vorschlag gebracht, therapeutische Leistungen in der Schule an privat praktizierende Psychotherapeut:innen delegieren zu wollen. "Beratung in der Schule auf Krankenschein" richtete sich diametral gegen das Grundprinzip der Schulpsychologie, Schulprobleme systembezogen zu bearbeiten und auf die Pathologisierung von Personen zu verzichten.

Dass der Landesrechnungshof auch die Schließung von kleinen Beratungseinrichtungen, also der schulpsychologischen Regionaldienststellen, vorschlug, sahen die Schulpsycholog:innen eher als Eingriff in das schulpsychologische Konzept als eine Entlastung von ihrer permanenten Überbelastung angesichts fehlender Personal-Ressourcen.

Ungeachtet der Planungen zur Umstrukturierung der Schulberatung fand der Schulpsychologische Dienst jetzt Unterstützung für dienstliche Fortbildungen zum Krisenmanagement in Schulen, das absehbar eine neue Aufgabe auch der Schulpsychologie werden würde.

Dazu fand für den gesamten Dienst 2004 eine Fortbildung mit den Schulpsycholog:innen, die bei dem Amoklauf in Erfurt interveniert hatten, satt, woraufhin sich schulpsychologische Arbeitsgruppen zu diesem Thema bildeten.

2006 fand dann noch eine gemeinsame Fortbildung zu "Notfallinterventionen im Arbeitsbereich des Schulpsychologischen Dienstes", aber schon vor dem Hintergrund des Beschlusses der Behörde, nach Vorschlag der Beratungsfirma Tormin die Schulberatung in Bremen in einem "Zentrum für schülerbezogene Beratung" zusammenzufassen.

Im Dezember 2006 fand eine der ersten schulpsychologischen Kriseninterventionen in der Stadtteilschule Obervieland nach dem Tod eines Schülers statt; Leitung: Dipl.-Psych. Norbert Boyer und Dipl.-Pysch. Birgit Muhl.

Verknüpft war damit das Bestreben, die Bearbeitung von Fachthemen an Personen zu binden, wie es bereits in den pädagogischen Beratungsstellen "Lese-Rechtschreibschwäche" und "Dyskalkulie" der Fall war. Schulpsycholog:innen dagegen wollten in der Beratung von der ganzheitlichen Analyse mit der ratsuchenden Person zu einer Bearbeitung des "Symptoms" gelangen.

In diesem Sinne sahen sich alle Schulpsycholog:innen z.B. auch für das Symptom "Hochbegabung" zuständig. Schließlich beugten sich aber die Schulpsycholog:innen Karsten Koll, Hilde Thimme und Dr. Jürgen Rudolph 2006 der Anforderung, für die Beratung im Bereich "besondere Begabungen" zumindest als Team verantwortlich zu sein, da dies ihnen die Möglichkeit eröffnete, sich zu diesem Thema fortbilden zu dürfen.

Der Schulpsychologische Dienst, der offensichtlich nicht in der öffentlichen Kritik stand, war zu diesem Zeitpunkt schon in der Auflösung begriffen, auch, da es intern unterschiedliche Haltungen gab, wie mit der anstehenden Veränderung umzugehen sei. Denn im Hintergrund wurde bereits an der Zusammenfassung aller Berater:innen im Schulwesen in einem zentralen "Zentrum für schülerbezogene Beraung" gearbeitet Dr. Uwe Wiest, durch den der Schulpsychologische Dienst so aufgebaut und entwickelt worden war, zog sich auf die Testentwicklung im Referat Qualitätssicherung im LIS zurück, bis er 2006 pensioniert wurde. Diese Stelle blieb frei, der Schulpsychologische Dienst also ohne "Kopf". Frei gewordene Kombikraftstellen waren sowieso schon nicht mehr besetzt worden. Und in dem gealterten Dienst standen weitere Pensionierungen von Diplompsycholog:innen an.

Da die Strukturveränderung zunächst hauptsächlich Einsparungen bringen sollte und das neue Zentrum in dem pädagogisch dominierten Landesinstitut für Schule angesiedelt bleiben sollte, hatten Schulpsycholog:innen auch den Verdacht, dass womöglich die Psycholog:innenstellen nicht wieder besetzt, sondern durch "billigere Kräfte" ersetzt werden sollten.

Am 7.3.07 fand die letzte Dienstbesprechung der Abteilung 4 in der kleinen Aussenstelle West des Schulpsychologischen Dienstes statt. Dort wurde der Entwurf eines Schreibens an den Leiter des Landesinstituts, Dr. Fleischer-Bickmann, vorgelegt, in dem eine Stellungnahme des Schulpsychologischen Dienstes zu den Aufgaben und Funktionsbeschreibungen eines "Zentrums für schülerbezogene Beratung" formuliert war. Enthalten waren darin Aussagen zur

  • Sicherung der Multiprofessionalität durch Festschreibung der vorzuhaltenden Qualifikationen, Professionen und fachlichen Standards,
  • die schulpsychologische Auffassung zu dem Sinn und Zweck der Bildung multiprofessioneller Teams,
  • die Setzung einer Ziel-Lösungsorientierung am die Stelle von Symptomorientiertheit in der Struktur der neuen Institution, mit den Teamschwerpunkten
  • Lern- und Leistungsentwicklung,
  • soziale Zugehörigkeit und Eigenständigkeit und
  • Persönlichkeitsentwicklung, außerdem
  • Vorschläge für die Bildung von Krisenteams.

Vermutlich ist das Schreiben aber nicht mehr abgesandt worden. Aber die Haltung vieler Schulpsycholog:innen des Bremer Schulpsychologischen Dienstes dürfte sowieso bekannt gewesen sein, spielte aber offensichtlich keine Rolle mehr.

Am 12.4.2007 wurde auch die Schulberatungsstelle West geschlossen und das Gebäude an der Straßburger Straße aufgegeben, um in renovierte Räume in der Großen Weidestraße einzuziehen, zusammen mit alten und neuen Kolleg:innen in das "Zentrums für schülerbezogene Beratung".

Der Name "Schulpsychologischer Dienst" war in Bremen verschwunden und in der neuen Institution fehlten auch Professionsbezeichnungen wie "Diplompsycholog:in" oder "Schulpsycholog:in".

Geblieben vom Schulpsychologische Dienst waren die von "Dr. Wiest und seinen Leuten" (nach Horst von Hassel) von 1964 bis 2007 erarbeiteten gesetzlichen Vorschriften und Verordnungen, mit denen die Schulberatung in Bremen geregelt werden sollte und in denen dies noch an die Fachkompetenz durch die Begriffe "Schulpsychologischer Dienst", "schulpsychologische Beratung", "Schulpsychologin" und "Schulpsychologe" geknüpft war.... bis das vielleicht auch einmal gelöscht würde.

Abgesehen der Enttäuschung über den Verlust der Institution "Schulpsychologischer Dienst", der sie sich trotz allem verpflichtet gefühlt hatten, dem Fehlen ihrer Berufsbezeichnung auf den neuen Visitenkarten, aber vor allem der Sorge, dass die Prinzipien des psychologischen Arbeitens gemäß der Berufsordnung des Berufsverbandes Deutscher Psychologen in der neuen Institution gefährdet sein könnten, nahmen aber die Psycholog:innen und Mitarbeiter:innen des Schulpsychologischen Dienstes und der Abteilung 4 des LIS schließlich gerne die Chance an, in neuen Teams und in neuen schönen Arbeitsräumen ihre Arbeit noch einmal neu gestalten zu können, wenn manchmal auch nur für eine kurze Zeit bis zur Pensionierung.

Dieser Bericht beruht im wesentlichen auf der Dokumentation: Beratungsdienste im Schulwesen – Schulpsychologischer Dienst Bremen von 1964 bis 2007.

von Jürgen Rudolph

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